“Chef, hier gibt es keine Leute”… Südkorea läuft nicht ohne Ausländer
A, der Vertreter eines kleinen und mittleren Unternehmens in der Provinz, klagt: “Wenn es keine ausländischen Arbeitskräfte gibt, müssen wir die Fabriktore schließen.” Auf dem Land ist es schon lange her, dass Dörfer zu ‘Ausländerdörfern’ wurden. Da die ‘demografische Klippe’ aufgrund von niedrigen Geburtenraten und Überalterung Realität wird, füllen Ausländer schnell diese Lücken.
Die Ergebnisse der ‘Erhebung zum Aufenthaltsstatus und zur Beschäftigung von Einwanderern 2025’, die das Statistische Amt am 19. veröffentlichte, sind schockierend. Die Zahl der in Südkorea ansässigen Ausländer ab 15 Jahren hat 1,7 Millionen überschritten, ein Rekordhoch. Das ist ein Anstieg von satten 8,3% im Vergleich zum Vorjahr. Es ist das Startsignal, das verkündet, dass Südkorea nun endgültig in einen ‘multikulturellen Einwanderungsstaat’ eingetreten ist.
Der Gegenangriff Vietnams? Verfolgung bis knapp unter Chinas Kinn
Der auffälligste Teil dieser Statistik ist der rasante Anstieg der ‘vietnamesischen Staatsbürger’. Während die Zahl der koreanisch-stämmigen Chinesen (Joseonjok), die traditionell den größten Anteil ausmachten, stagniert, nimmt die Zahl der Vietnamesen explosionsartig zu.
Derzeit liegt die Zahl der Vietnamesen in Südkorea bei etwa 270.000, was 16% aller Ausländer ausmacht und den zweiten Platz bedeutet. Es gibt zwar noch einen Abstand zum Erstplatzierten, den koreanisch-stämmigen Chinesen (500.000), aber angesichts der Wachstumsgeschwindigkeit kann die Möglichkeit einer Umkehrung in wenigen Jahren nicht ausgeschlossen werden.
Warum ausgerechnet Vietnam? Experten nennen den Einfluss der ‘K-Kultur’, den Anstieg der ‘Heiratseinwanderung’ und die aktive Expansion südkoreanischer Unternehmen nach Vietnam als Hauptgründe. In Vietnam gilt Südkorea als ‘Land der Möglichkeiten’ und ‘Objekt der Bewunderung’. Die Zahl der vietnamesischen Jugendlichen, die Koreanisch lernen und von einem Studium oder einer Arbeit in Südkorea träumen, steigt exponentiell. Auch die Zunahme von Fällen, in denen Personen als Studenten einreisen und dann zu einem Arbeitsvisum wechseln, hat dazu beigetragen.
Transfusion von jungem Blut der 2030-Generation, Retter des alternden Südkoreas?
Das Erfreuliche ist, dass die Altersgruppe der einströmenden Ausländer jung ist. Die Zahl der jungen Ausländer im Alter von 15 bis 29 Jahren ist im Vergleich zum Vorjahr um 12,8% gestiegen. Für die südkoreanische Gesellschaft, die durch die Alterung an Vitalität verliert, sind junge ausländische Arbeitskräfte wie Regen in einer Dürre.
Sie schwitzen still in ‘3D-Berufen’ (dirty, dangerous, difficult), die Einheimische meiden, wie im verarbeitenden Gewerbe, im Bauwesen sowie in der Land- und Viehwirtschaft, und stützen so den Unterbau der südkoreanischen Wirtschaft. Es ist nun Alltag geworden, Ausländern in Restaurants, Convenience Stores und auf Baustellen zu begegnen. Es beschleicht uns das Krisengefühl, dass unser Alltag ohne sie vielleicht stillstehen würde.
”Sie nehmen uns die Arbeitsplätze weg” vs. “Wir müssen zusammenleben”
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Soziale Konflikte aufgrund des rasanten Anstiegs von Ausländern sind ein Zündstoff, der nicht ignoriert werden kann. Teilweise werden Stimmen laut, die sagen: “Unsere eigenen Jugendlichen haben keine Arbeitsplätze, aber nur Ausländer werden bevorzugt”, “Die Sicherheit wird instabil”, “Konflikte aufgrund kultureller Unterschiede sind zu befürchten”.
Tatsächlich haben in letzter Zeit in einigen Regionen Ausländerkriminalitätsserien die Angst der Anwohner geschürt. Auch das Problem der illegalen Aufhalter ist eine schwierige Aufgabe, die gelöst werden muss. Die Regierung lockert zwar das Visasystem und bemüht sich um die Anwerbung von Ausländern, aber es wird kritisiert, dass das ‘soziale Integrationssystem’, das ihnen eine stabile Ansiedlung in unserer Gesellschaft ermöglicht, unzureichend sei.
Multikultur-Ära 2.0, ein Paradigmenwechsel ist notwendig
Wir müssen es anerkennen. Der Mythos des ethnisch homogenen Staates ist bereits zerbrochen. Jetzt ist es an der Zeit, nicht mehr darüber nachzudenken, ‘wie wir es verhindern’, sondern ‘wie wir zusammenleben’.
Wir dürfen sie nicht nur als ‘Ersatzgüter’ sehen, die lediglich den Arbeitskräftemangel ausgleichen. Wir müssen sie als Mitglieder unserer Gesellschaft akzeptieren und Wege zum gegenseitigen Vorteil suchen. Das ist auch der Grund, warum die Diskussion über die Gründung einer Einwanderungsbehörde an Fahrt gewinnt. Es muss ein systematischer Kontrollturm für Einwanderungspolitik errichtet und Programme zur Unterstützung der Ansiedlung wie Sprachkurse und Kulturerlebnisse verstärkt werden.
Gleichzeitig ist eine Verbesserung der Wahrnehmung durch die Einheimischen dringend erforderlich. Eine Haltung des Respekts und der Inklusion statt Diskriminierung und Ausgrenzung ist notwendig. Eine Welt, in der Herr ‘Nguyen’ aus Vietnam unser Nachbar und Freund wird. Das ist der Weg, den Südkorea im Jahr 2025 gehen muss.
”Ist Südkorea immer noch attraktiv?” Wankender Status
Andererseits werden auch besorgniserregende Anzeichen wahrgenommen. Aufgrund des jüngsten schwachen Yen steigt die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, die nach Japan gehen. Da sich die Lohnkluft verringert, verschwindet der Grund, unbedingt auf Südkorea zu beharren.
Wenn sich die Wahrnehmung verbreitet, dass “es in Südkorea schwer ist zu arbeiten und die Diskriminierung schlimm ist”, könnten wir auch im Wettbewerb um die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zurückfallen. Eine Branding-Strategie auf nationaler Ebene, um ein ‘Land, in das man kommen möchte, ein Land, in dem man leben möchte’ zu schaffen, ist dringend erforderlich.
Ära der 1,7 Millionen Ausländer. Werden wir die Krise in eine Chance verwandeln oder in einen weiteren Sumpf des Konflikts geraten? Die Wahl liegt jetzt bei uns.